Die Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände sieht man bereits von Weitem – dabei hat der Rundbau, der an das Kolloseum in Rom erinnert, gar nicht seine endgültig geplante Höhe erreicht. Wie viele der Bauten auf dem Gelände wurde auch die Kongresshalle nie fertiggestellt.
Bisher ist das Gebäude in großen Teilen für Besucherinnen und Besucher nicht zugänglich, aber die geplanten Ermöglichungsräume für Künstlerinnen und Künstler und die neue Spielstätte für Musiktheater und Tanz des Staatstheaters Nürnberg werden das Gebäude ab Ende 2027 für Besucherinnen und Besucher öffnen. Einen ersten Einblick, was künftig in der Kongresshalle erlebbar sein wird, bieten bereits heute unterschiedliche Veranstaltungsformate im Segment #1.
Geschichte der Kongresshalle
1934 erteilte Adolf Hitler dem Nürnberger Architekten Ludwig Ruff den Auftrag, eine Versammlungsstätte für den jährlich während der Parteitage abgehaltenen Kongress der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) zu entwerfen. Ein Jahr später erfolgte im Rahmen des Parteitags die Grundsteinlegung für eine Halle, die 50.000 Menschen Platz bieten sollte. Mit Kriegsbeginn wurden die Arbeiten an der Kongresshalle eingestellt und nicht wieder aufgenommen, die Kongresshalle blieb ein unvollständiger Rohbau.
Der nördliche und südliche Kopfbau waren nahezu fertiggestellt, von der geplanten fünf Stockwerken des Rundbaus, was einer Höhe von ca. 70 m entsprochen hätte, wurden drei Stockwerke mit knapp 40 Metern Höhe tatsächlich gebaut; die innen liegende Versammlungsstätte sollte mit einem Dach überfangen werden, wozu es nicht kam. Was heute als Innenhof wahrgenommen wird, hätte somit die Versammlungsstätte des Gebäudes sein sollen, das bestehende Gebäude sollte als riesiges Treppenhaus nebst den geplanten Garderoben und Sanitäranlagen dienen.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Rundbau wiederholt für Ausstellungen genutzt: 1949 fand hier die erste Deutsche Bauausstellung statt, ein Jahr später die Ausstellung zum 900-jährigen Jubiläum der Stadt Nürnberg. Der südliche Kopfbau wurde bereits 1963 von den Nürnberger Symphonikern bezogen, der nördliche Kopfbau erst 2001 von dem Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände. Andere Räumlichkeiten der Kongresshalle wurden bis in die 2010er Jahre hinein vermietet und als Lager genutzt.
Entwicklung der Kongresshalle
Die Idee, die seit 1973 unter Denkmalschutz stehende Kongresshalle für kulturelle Zwecke zu nutzen, entstand im Rahmen der Nürnberger Bewerbung um den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt 2025. Geplant wurde dabei, in vier von insgesamt sechzehn Teilsegmenten der Kongresshalle Ateliers und Proberäume für Künstlerinnen und Künstler aller Sparten zu entwickeln, sowie Präsentationsräume für visuelle Kunst, Musik, Theater und Tanz zu schaffen. Das Konzept für die „Ermöglichungsräume“ wurde in engem Austausch mit Künstlerinnen und Künstlern vertieft und konkretisiert.
Im Jahr 2021 wurde zudem deutlich, dass das Opernhaus am Richard-Wagner-Platz in Nürnberg einer Generalsanierung bedarf. In einem breit aufgestellten Beteiligungsprozess wurde entschieden, die Spielstätte für Musiktheater und Tanz des Staatstheaters Nürnberg während der mehrjährigen Sanierungsphase in die Kongresshalle zu verlagern. Als Aufführungsort mit Zuschauerraum, Bühne, Orchestergraben, Seitenbühnen und Proberäumen wird im sog. „Innenhof“ der Kongresshalle ein Ergänzungsbau entstehen. Die Funktionsräume für den täglichen Theaterbetrieb werden in sechs Segmenten des Rundbaus untergebracht.
Die „Ermöglichungsräume“ und die Spielstätte für Musiktheater und Tanz wollen gemeinsam mit dem Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände und den Nürnberger Symphonikern einen Ort der Begegnung und des kreativen Austauschs schaffen. Ein vielgestaltiges Veranstaltungsprogramm wird das Publikum ab der Spielzeit 2027/28 zum Besuch der Kongresshalle einladen.
„Wenn man die Kongresshalle in den Griff kriegt, dann doch nur mit Kunst und Aufklärung. Die Kunst sollte auf diesen Ort antworten.“
Rachel Salamander, Publizistin | Foto: © Stephan Rumpf