Das Dokumentationszentrum auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg ist durch seinen prägnanten Eingangsbereich des österreichischen Architekten Günther Domenig bekannt – der spitze Pfeil, der aus dem Gebäude hervorsticht. Bis zu Beginn der Umbaumaßnahmen im Jahr 2021 informierte das Zentrum mit seiner ersten Dauerausstellung „Faszination und Gewalt“ über die Zeit der Nürnberger Reichsparteitage und den Terror des totalitären Systems.
Aktuell ist das Dokumentationszentrum noch bis Ende 2025 wegen Umbaus geschlossen. In einer separaten Ausstellungshalle bietet jedoch die Interimsausstellung "Nürnberg - Ort der Reichsparteitage. Inszenierung, Erlebnis und Gewalt" den Besuchenden in kompakter Form alles Wissenswerte über das Gelände und die Bauten.
Geschichte des Dokumentationszentrums
Das Dokumentationszentrum wurde im November 2001 u.a. in Anwesenheit von Bundespräsident Johannes Rau eröffnet. Es befindet sich im sogenannten nördlichen Kopfbau der Kongresshalle und setzt ein markantes Zeichen. Architekt Günther Domenig aus Österreich stellt den modernen Bau mit einem Schnitt quer durch das denkmalgeschützte Gebäude sowie dem schrägwinkeligen Aufbau des Studienforums bewusst gegen die monumentale Strenge der Kongresshalle. Die Investitionskosten teilten sich die Bundesrepublik Deutschland, der Freistaat Bayern, der Bezirk Mittelfranken und die Stadt Nürnberg. Das Engagement von Bund und Freistaat unterstreicht den hohen nationalen Stellenwert der Aufgabe.
Die Dauerausstellung „Faszination und Gewalt“, jährliche Sonderausstellungen, der Betrieb des Studienforums mit einem umfassenden Angebot an Führungen und Workshops sowie ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm zogen vor den Baumaßnahmen für die Erweiterung jedes Jahr über 300.000 Gäste aus aller Welt an.
Umbauphase und Interimsausstellung
Derzeit wird das Dokumentationszentrum umgebaut. Der bisherige Rundgang durch Haus und Dauerausstellung sind daher nicht möglich. Bis das Dokuzentrum voraussichtlich Ende 2025 wiedereröffnet, können sich Besuchende auf Deutsch und Englisch aber in einer eigens für die Umbauphase konzipierten Interimsausstellung über die Geschichte der Reichsparteitage und des Geländes informieren. Zahlreiche Biografien öffnen persönliche Sichtweisen auf das Thema, ausgewählte Objekte, Dokumente, Filme und Fotos beleuchten die Ereignisse auf dem Areal im Südosten Nürnbergs.
Erweitertes Haus und neue Dauerausstellung ab Ende 2025
Ab Ende 2025 empfängt das Dokuzentrum seine Besuchenden über einen neuen ebenerdig und damit barrierearm erschlossenen Eingang im hellen Foyerbereich. Die neben dem modernen Veranstaltungssaal zu etablierende Gastronomie möchte Einwohner und Gäste der Stadt auch jenseits des Ausstellungsbetriebs für das Haus und Thema gewinnen. Niederschwelligkeit, Offenheit und Transparenz werden künftig groß geschrieben am Dutzendteich.
Die künftige, komplett neu konzipierte Dauerausstellung wird in ihren Inhalten wie in ihren Methoden weit über das bisher Präsentierte hinausgreifen. Im Zentrum steht die Geschichte des historischen Orts Reichsparteitagsgelände vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zur Gegenwart. An vielen Punkten wird diese Erzählung jedoch geweitet und in nationale wie internatinale Zusammenhänge gesetzt. Übergeordnetes Ziel der Ausstellung ist es, am Beispiel der Reichsparteitage das tradierte Narrativ der „verführten“ Deutschen als Entschuldungsstrategie bei der Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen offenzulegen und das NS-Regime als „Zustimmungsdiktatur“ erkennbar zu machen.
Die mehrsprachige Ausstellung wird sich an vielen Stellen auf multimediale und interaktive Vermittlungsformate stützen, modern und zeitgemäß. Biografien verdeutlichen die Vielstimmigkeit der deutschen Gesellschaft – auch unter den Bedingungen der NS-Diktatur. Vermehrt zeigt die Ausstellung Objekte, aus denen sich die Erzählung entwickelt. Die konstruierten Bildwelten des Nationalsozialismus werden für die Besuchenden kontextualisiert und dekonstruiert – insbesondere werden wo immer möglich Propagandaaufnahmen durch Privataufnahmen ergänzt. An ausgewählten Stationen sind die Besuchenden schließlich aufgerufen, selbst Position zu beziehen und Haltung zu entwickeln – zu Geschichte und Gegenwart. Zentrale Komponente der Neukonzeption wird die Inklusion – vom Besucherleitsystem über entsprechend gestaltete Module in der Ausstellung bis hin zur Gastronomie. Ein umfangreiches zeitgemäßes Bildungsprogramm und Platz für Sonderausstellungen runden das Angebot ab. Die Kosten für Umbau und Neukonzeption teilen sich Bund, Freistaat Bayern und Stadt Nürnberg.