Lössel's Chilibratwürste - pure Handarbeit auf dem Nürnberger Volksfest

Es ist 9 Uhr morgens auf dem Nürnberger Volksfest. Fahrgeschäfte und Gastronomiebetriebe sind noch geschlossen, nur hier und da läuft einem ein Schausteller über den Weg. Angekommen am "Gigerlas Lössel" werde ich von einigen Mitarbeitern freundlich empfangen. Der Chef des Hauses, Peter Lössel, kommt kurze Zeit später ebenfalls mit einem Lächeln auf mich zu und begrüßt mich in seinem Traditionsbetrieb auf dem Nürnberger Volksfest. 

Interessiert beobachte ich das interessante Treiben im Gigerlas-Zelt. Während der Volksfestplatz noch in einer Art Ruheschlaf liegt, wuseln hier in allen Ecken und Enden flinke Mitarbeiter und richten den Betrieb für den neuen Tag her: es wird gekehrt, aufgebaut, kaputte Glühbirnen werden ausgewechselt und sogar Unebenheiten im Fußboden ausgeglichen. Peter Lössel nennt dies verschmitzt "Innen- und Außenkosmetik", die jeden Tag aufs Neue für ihn und seine 9 Festangestellten ansteht. Mit allen Aushilfen und Bedienungen sind es insgesamt sogar um die 28 Mitarbeiter, die er beschäftigt. Die Festangestellten wohnen, wie es sich für Schausteller gehört, in Wohnwägen auf dem Volksfestplatz. Ausnahmsweise fährt die Familie Lössel im Moment jeden Abend nach Hause, denn ihr Wohnwagen ist vor zwei Jahren abgebrannt. Sobald der neue Wagen fertig ist, findet man sie aber auch wieder Tag und Nacht auf dem Platz.

Anders als andere Betreiber öffnet Peter Lössel bereits um 12 Uhr die Türen zu seinem Festzelt. Auf meine Frage, ob das Zelt mittags gut belegt ist, antwortet er traditionsbewusst:" Wer kommt, soll nicht enttäuscht werden". Denn er weiß seine Stammgäste zu schätzen und ist sich auch nicht zu schade, einmal einen Weißwurst-Frühschoppen vor den eigentlichen Öffnungszeiten für eine befreundete Familie zu organisieren.

Als das Fleisch frisch angeliefert wird, geht für mich der kulinarische Blick hinter die Kulissen los. Gemeinsam mit Peter Lössel darf ich heute bei der Herstellung seiner beliebten Chili-Bratwürste zuschauen. Diesem frisch gelieferten Fleisch sieht man an, dass es von feinster Qualität ist, denn es ist zart, hat ein bisschen Fettanteil und eine sehr gesunde Farbe. "Ein bisschen Fett muss sein, denn sonst fehlt den Würsten der Geschmacksträger", kommentiert Peter Lössel die Lieferung. Kaum angekommen, krempelt er die Ärmel hoch und macht sich sofort an die Produktion der Chili-Bratwürste, die parallel zur Herstellung der "normalen" fränkischen Bratwürste stattfindet. Mit routinierten Bewegungen greift er nach den notwendigen Gewürzen, die er nacheinander auf einer Handwaage abwiegt: Salz, Pfeffer, Zucker, Majoran, Muskatnuss und Kümmel. "Manche Menschen mischen ja sonst was in ihre Bratwürste", deutet Peter Lössel an. Aber er arbeitet eher nach dem Prinzip "weniger ist mehr", denn zu viele Gewürze zerstören den eigentlichen Bratwurstgeschmack.

Per Hand mischt einer seiner Mitarbeiter nun die Gewürze unter das Fleisch, welches anschließend durch den Fleischwolf gelassen und somit zu Gehäck verarbeitet wird. Bemerkenswert ist, dass all diese Schritte per Hand geschehen. Jedes einzelne Stück Fleisch wird per Hand in den Fleischwolf gelegt. Auch das erneute Mischen der Bratwurstgehäck-Masse wird per Hand durchgeführt - ein Vorgang, der viel Muskelkraft benötigt. Warum? "Weil die Masse bei einer industriellen Mischmaschine mehr zusammen gequetscht wird und weniger Luft bleibt", begründet Peter Lössel seine Vorgehensweise. Der Mischvorgang ist ein sehr wichtiger Schritt, der sorgfältig durchgeführt werden muss, denn wenn die Gewürze nicht gleichmäßig im Gehäck verteilt werden, dann hat der eine Gast eine zu würzige Bratwurst und dem anderen fehlt der Geschmack. Ein Teil der Masse wird nun für die Chili-Bratwürste bei Seite genommen. 

Parallel schneidet eine Mitarbeiterin zur Hälfte scharfe und nicht scharfe Chilischoten in filigrane Stückchen, die - unschwer zu erahnen - für die Chili-Bratwürste gedacht sind. "Würden wir nur scharfe Schoten nehmen, dann wären die Würste viel zu scharf. Um aber genügend Fruchtfleisch im Bratwurstgehäck zu haben, schneiden wir milde Schoten mit hinein". Sorgfältig werden die klein geschnittenen Chilischoten nun in das Bratwurstgehäck gemischt. Auch hier gilt wieder ein gutes Mischen, denn sonst läuft man Gefahr, dass eine Wurst zu scharf, die andere zu mild ist. Durch das Fruchtfleisch der Schoten wird die Masse saftiger, wodurch die Würste kompakter werden als die herkömmlichen fränkischen Bratwürste.

Im nächsten Schritt wird das Gehäck in den Darm gefüllt, sodass die einzelnen Würste entstehen. Natürlich wird bei Lössels nicht irgendein Darm benutzt, sondern ein Bändeldarm, der besonders fein ist und über eine Fettnaht verfügt, sodass der Geschmack des Bratwurstgehäcks besser zur Geltung kommt. "Natürlich ist diese Art Darm teurer als ein normaler Schweinedarm, aber wir möchten unseren Kunden nur das Beste bieten, was sie seit Generationen von uns gewöhnt sind.", begründet Lössel seine Wahl. Mit gekonnter Hand stülpt er den Darm über die Wurstmaschine und formt die einzelnen Chili Bratwürste, natürlich auch alles per Hand, was sich wiederum positiv in der Konsistenz der Würste niederschlägt. Denn maschinell gepresste Würste werden viel fester in den Darm gepresst. 

Doch wie ist Peter Lössel eigentlich auf die Idee gekommen, neben den normalen fränkischen Bratwürsten auch Chili-Bratwürste herzustellen? Vor sechs Jahren war er zu Gast in einer Kochshow im FrankenFernsehen. Dem Fernsehkoch war die Herstellung von "normalen" Bratwürsten zu langweilig, sodass die Idee entstand, Chili-Bratwürste herzustellen. Vom Geschmack begeistert beschloss Lössel im Anschluss an die Sendung, diese Bratwürste auf seine Speisekarte aufzunehmen. Durch die Kochshow bestand von Beginn an eine Nachfrage nach der neuen Spezialität, sodass sich die Chili-Bratwürste schnell etablierten. 

Von der fertig geformten Wurst fehlt nur noch ein kleiner Schritt, bis sie auf den Tellern der Gäste im "Gigerlas Lössel" landet: sie wird in der Pfanne angebraten. So wie die Nürnberger Bratwürste traditionell auf Buchenholz gegrillt werden, ist es ein Muss, die fränkischen Bratwürste in der Pfanne zu braten, erklärt der Gigerlas-Chef. Aber auch hier wartet Peter Lössel mit einer Besonderheit auf, denn seine Würste werden nicht in einem beliebigen Fett angebraten, sondern in einem eigenen hergestellten Schweineschmalz aus feinstem Flomen - einem Schlachtfett, welches die Organe der Schweine vor Kälte schützt. Zu guter Letzt freuen sich nicht nur die Volksfestbesucher über das leckere Ergebnis der Bratwurstproduktion, sondern auch der Chef höchstpersönlich beteuert, dass ihm "bei jeder Pfanne allein vom Geruch das Wasser im Mund zusammenläuft." Kein Wunder bei so viel Handarbeit und Qualitätsbewusstsein!

Mehr Informationen zu "Gigerlas Lössel"

weiterempfehlen