Von einer verrückten Idee zum erfolgreichen Szene-Festival
David Lodhi und Thomas Wurm haben Nürnberg Pop innerhalb weniger Jahre zu Süddeutschlands größtem Club- und Showcase-Festival gemacht. Was das heißt? Konzerte an den unterschiedlichsten Kulturorten Nürnbergs – von Museen und Kunsthallen über öffentliche Plätze bis hin zu Bekleidungsgeschäften, Plattenläden und natürlich Musikclubs. Die Locations sind genauso vielseitig wie die Musik selbst! Das macht Musik nicht nur erlebbar, sondern erschließt Orte auf neue Weise und lässt die Stadt aus einer anderen Perspektive entdecken.
Die spannendste Frage direkt zu Beginn - wie seid ihr auf die Idee für Nürnberg Pop gekommen?
„Die Idee zu Nürnberg Pop entstand, als wir mit unserer damaligen Band auf dem Hamburger Reeperbahn Festival aufgetreten sind. Wir dachten 'das könnte bei uns auch gehen'! Wir hatten keine Ahnung, wie man sowas auf die Beine stellt, nur der Wille und die Liebe zur Musik haben uns so weit gebracht! Wir hatten - und haben - eine Vision: früher war Nürnberg in Sachen Musik ein bedeutender Ort. Während vor einigen Jahrzehnten noch diverse Booking Agenturen & Co. in Nürnberg ansässig waren, sieht es heute damit eher rar aus und das wollen wir ändern. Nürnberg Pop soll dazu beitragen, wieder eine musikalische Infrastruktur in der Stadt aufzubauen und die lokale Szene besser zu vernetzen. Wir sind ein Festival auch für die Szene.“
Nun könnte man beim Namen denken, es wird nur Popmusik gespielt – aber das ist weit gefehlt, oder?
„Richtig! Für uns steht POP als Symbol für die Liebe zur Musik an sich und vor allem für kein festgefahrenes Genre-Denken. Unser Motto lautet: Es lebe die Vielfalt! Dank unserer langjährigen Erfahrung in der Musikszene haben wir meist ein gutes Gespür bei der Auswahl. Die Königsdisziplin ist es, die Acts zu buchen BEVOR sie ihren großen Durchbruch haben - nur so ist die Gage bezahlbar, da wir uns hauptsächlich über Sponsoring und Förderung finanzieren und einen möglichst niedrigen Eintrittspreis halten wollen. Wir achten auf einen ausgewogenen Mix aus bekannten Künstlerinnen und Künstlern und spannenden Newcomerinnen und Newcomern."
Ihr fackelt ja ein ziemliches Programm an einem Wochenende ab - wie viele Konzerte sind es genau und wo finden sie statt?
„Rund 100 Konzerte an 21 Locations – an einem einzigen Wochenende! Da ist wirklich einiges los. Die Künstlerinnen und Künstler treten an verschiedenen Venues auf: Neben Kulturstätten wie dem Neuen Museum Nürnberg oder der Katharinenruine gibt es auch Konzerte in Kirchen, Bars, Geschäften oder Plattenläden. Und auch der öffentliche Raum spielt eine Rolle: An verschiedenen Plätzen in der Innenstadt können Besucherinnen und Besucher am Nachmittag sogar kostenfrei Livemusik erleben. Unser persönlicher Lieblingsort ist die Kunsthalle Nürnberg: Ausstellungs-Charakter kombiniert mit Live-Musik - eine einzigartige Symbiose der Künste! Leider schaffen wir es aber selten aufgrund der Arbeit im Hintergrund ein Konzert komplett anzuschauen."


Man kann aber nicht nur Musik beim Nürnberg Pop Festival erleben, richtig?
„Nürnberg Pop besteht im Grunde aus drei Säulen: Neben dem Konzert-Programm finden auch die POP CONFERENCE und die Verleihung des Popkulturpreises GUNDA statt. Musik hören und genießen ist das eine – das Festival soll aber vor allem auch den fachlichen Austausch fördern, Vernetzung ermöglichen und zur Stärkung der musikalischen Infrastruktur beitragen. Die POP CONFERENCE bietet jedes Jahr ein vielseitiges Programm mit Podiumsdiskussionen, Vorträgen und Workshops – zu Themen aus der Musikindustrie sowie aus kulturellen und politischen Bereichen. Die Teilnahme ist nach vorheriger Anmeldung kostenfrei möglich.“
Und wer ist diese GUNDA?
„Wie bereits erwähnt: Wir wollen die Musikszene fördern – und nachdem wir selbst einige Auszeichnungen erhalten haben, wollten wir im Rahmen unseres eigenen Festivals auch Preise an junge und engagierte Talente würdigen. So entstand der GUNDA-Popkulturpreis, den wir seit 2021 im Rahmen des Festivals verleihen. Der Name GUNDA geht auf eine Bäuerin und Marktfrau zurück, die 1968 zum ersten Mal ihren Stand auf dem Nürnberger Hauptmarkt aufbaute. Sie war nicht nur für ihr Obst und Gemüse bekannt, sondern vor allem für ihre Bauernschläue, ihren Wortwitz, ihre Stimmgewalt – und ihre Resistenz. Der Popkulturpreis erinnert an diese Charaktereigenschaften: laut und anarchisch zu sein."
Euer Tipp zum Schluss an alle Festivalbesucherinnen und - besucher?
„Kauft euch am besten ein Wochenendticket, damit könnt ihr alle Konzerte besuchen. Aber bei uns gilt: wenn die Location voll ist, dann ist sie voll. Es ist auch schon vorgekommen, dass sich die Leute, die nicht mehr reinpassen, außen versammeln und mitsingen - das kann auch wahnsinnig schön sein!“


Zu den Personen: David Lodhi & Thomas Wurm
Musik begleitet die beiden schon ihr ganzes Leben lang. Dass sie ursprünglich aus ganz unterschiedlichen Richtungen kommen, erweist sich heute als großer Vorteil. Während David Jazz studiert hat, war Thomas als DJ in der Elektro-Szene aktiv. Diese unterschiedlichen Hintergründe bringen verschiedene Blickwinkel und das nötige Maß an Objektivität mit – vor allem, wenn es ums Booking geht. „Wir vertrauen uns gegenseitig blind, aber es muss uns auch beide zufriedenstellen.“ Nur an einer Sache fehlt es den beiden manchmal: „Wir sind halt auch nicht mehr die Jüngsten!“ Wenn es um aktuelle Trends geht, wird daher auch mal Thomas’ Tochter zu Rate gezogen.
