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Moritz Puschke hat das Musikfest ION in ein vielfältiges Festival verwandelt

Seit über 70 Jahren findet die „Internationale Orgelwoche“ in Nürnberg statt, seit dem Beginn 1951 hat sich aber vieles verändert. Nicht nur der Name hat sich in "Musikfest ION" verwandelt, sondern auch die musikalische Ausrichtung. Das Musikfest ION ist mehr als nur klassische Kirchenmusik - hauptverantwortlich dafür ist der aktuelle Festivalleiter Moritz Puschke, der in einem Interview Einblicke über die Festivalarbeit gibt.

Die Internationale Orgelwoche entwickelte sich wenige Jahre nach Kriegsende – wie müssen wir uns diese Anfänge vorstellen?

„In den 50er Jahren steckte Nürnberg noch voll im Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu dieser Zeit ein Festivals ins Leben zu rufen, mag erstmal widersprüchlich erscheinen, doch der Gründergeist, der sich nach Kriegsende in der Stadt entwickelt hatte, war eindrucksvoll. Dass wieder Musik in den Kirchen erklingt, war ein besonderes Sinnbild der Zuversicht und Stärke. Ganz nach dem Motto: Wenn die Orgel wieder spielt, weiß man, es geht voran. Der Nürnberger Spirit ist bis heute noch zu spüren."

Was hat sich musikalisch seit damals geändert?

„Das Kürzel in unserem Namen 'ION' - das steht zwar immer noch für Internationale Orgelwoche Nürnberg, grundsätzlich ist aber Genre technisch alles möglich. Wider Erwarten, herrscht in Nürnbergs Kirchen künstlerischer Freiraum. Die Zusammenarbeit zwischen uns und den Musikerinnen und Musikern sowie mit unseren Partnerinnen und Partnern basiert komplett auf Vertrauensbasis und das Programm muss nicht erst von den Pfarrerinnen und Pfarrern abgesegnet werden. Wir sprechen von Musik in Kirchen, das ist etwas anderes als die klassische Kirchenmusik. Eine spirituelle Erfahrung kann man eben auch bei „Knockin‘ on heavens door“ von Bob Dylan machen, gesungen von Wolfgang Niedecken (BAP). Mit dieser Einstellung haben wir unser Programm geweitet und sind für viele neue Besucher:innen interessant geworden – einige kommen so auch zum ersten Mal in eine Kirche."

© Thomas Radlwimmer

Was macht das Musikfest ION so einzigartig?

„Die ION ist nicht nur für ihre Besucherinnen und Besucher ein emotionales Erlebnis, auch für die Künstlerinnen und Künstler ist der Auftritt in Nürnbergs Kirchen schlichtweg einzigartig, schließlich spielt man nicht alle Tage in imposanten Kirchengemäuern. Die spezielle Akustik ist nicht der einzige Anreiz. So ein Auftritt in der Kirche beseelt einfach und ist mit nichts vergleichbar. Man merkt richtig, wie sich die ganze Haltung der Musiker verändert. Das Programm wird akustisch sowie inhaltlich voll und ganz auf das jeweilige Konzert abgestimmt - die Auftritte sind wortwörtlich einmalig."

Also empfiehlt sich auch für nicht-christliche Musikliebhaber ein Besuch?

„Man muss nicht an Gott glauben, um die Konzerte in Nürnbergs Kirchen zu besuchen. Die Türen stehen jedem offen. Kirchen sind nicht nur Orte der Religion, sondern Orte der Versammlung, des Trosts, der Zuversicht und des Dialogs. Musik kann genau das nochmal verstärken. Die hohen, dicken Kirchengemäuer sorgen innen nicht nur für eine ganz spezielle Akustik, sondern lassen von außen auch keinerlei Geräusche durch. Das macht Kirchen zu einer Ruhe-Insel mitten in der lauten Stadt."

Man spürt deine Leidenschaft und Kreativität direkt im Gespräch - was sind deine weiteren Ziele?

„Stimmt, ich habe mehr Ideen als ich immer unterbringen kann. Mein absoluter Traum für die ION ist, einmal Billy Joel in die Sebalduskirche zu holen. Ich lebe ganz nach dem Motto 'Dream Big'. Ich arbeite gerne gegen den Trend und feste Normen - aber egal, was ich auf die Beine stelle, es muss die Menschen berühren!“

© Kathi Meier | Spiegelhof Fotografie
© Kathi Meier | Spiegelhof Fotografie

Zur Person: Moritz Puschke

Aus einem protestantischen Pfarrhaus in Rendsburg stammend und in Limburg/Lahn und Bremen aufgewachsen, arbeitete der Kulturunternehmer und Musiker Moritz Puschke viele Jahre in Berlin und lebt seit 2021 mit seiner Familie in Nürnberg. Er wirkte als Dramaturg und Musikmanager beim Alsfelder Vokalensemble und am Bremer Dom und beschäftigte sich intensiv mit sakraler Musik. Er kuratierte und organisierte verschiedene Festivals, u.a. die Bremer Bach-Wochen, mehrere Deutsche Chorfeste sowie seit 2011 das jährlich im Radialsystem V stattfindende Festival CHOR@BERLIN. Moritz Puschke war Mitglied im Präsidium des Deutschen Musikrats und geschäftsführender Redakteur der Fachzeitschrift Chorzeit – das Vokalmagazin und Geschäftsführer des Deutschen Chorverbands, als der er u.a. die chor.com initiierte, deren Künstlerische Leitung er von 2009-2019 innehatte. Regelmäßig arbeitet er für Funk und Fernsehen sowie als Publizist und Dozent.

Seit 2019 gestaltet Moritz Puschke das Programm des Musikfests ION, erst als Künstlerischer Leiter, ab 2021 als Geschäftsführender Intendant.

© Kristof Göttling
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